Fünftes Buch - Erbrecht

Vorbemerkungen

1
1. Das fünfte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält die Grundsätze, durch welche der Übergang des Vermögens eines Verstorbenen auf andere Personen geregelt wird. Die Gefammtheit aller dieser Grundsäße heißt Erbrecht im objektiven Sinne, während man unter der gleichlautenden Bezeichnung „Erbrecht“ im subjektiven Sinne einen durch das Erbrecht im objektiven Sinne gewährten Anspruch, eine Willensmacht erbrechtlichen Inhalts, zu verstehen hat, vgl, z.B. §§ 1933, 2018. Das Erbrecht im objektiven Sinne umfasst aber nicht bloß die Normen über die Nachfolge in das Vermögen als Ganzes (Erbfolge), fondern auch die Regeln über den Erwerb einzelner Stücke des Nachlasses (Vermächtnisse). Sodann gehören in diesen Zusammenhang die Normen über Veräußerung einer angefallenen Erbschaft (Erbschaftskauf, §§ 2371 ff.), ein Rechtsgeschäft, welches mit Rücksicht auf sein Objekt erbrechtliche Regelung verlangt. Andererseits greifen erbrechtliche Grundsätze nur Platz, wenn das eine Vermögenseinheit beherrschende physische Rechtsfubjekt fortfällt; sie finden daher weder bei der Beendigung juristischer Personen Anwendung, noch auch, wenn nach dem Tode eines Ehegatten zwischen dem Überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen die Gütergemeinschaft fortgesetzt wird, hinsichtlich des Gesamtgutes (§§ 1483 Abf. 1, 1505, dagegen hinsichtlich der einseitigen Abkömmlinge, 8 1483 Abs. 2), und ebenso wenig, wenn dem Rechtsfubjekt nur die Verfügung über sein Vermögen entzogen wird (§§ 104, 114, 1906). Endlich ist auch in objektiver Beziehung das Erbrecht begrenzt, insofern gewisse Rechtsverhältnisse mit der Person des Berechtigten und Verpflichteten so eng verknüpft sind, dass sie mit dem Fortfall ihres Subjekts ebenfalls unter- und auf die Erben nicht übergehen, unvererbliche Rechte und Pflichten; vgl. z. B. §§ 38, 514, 520, 613 usw.
2
2. Seiner Natur nach enthält das Erbrecht überwiegend zwingendes Recht. Inwieweit seine Grundsäße der Abänderung und Ausschließung durch Rechtsgeschäfte unterliegen, ist bei den einzelnen Vorschriften zu prüfen. Daneben kommen hier besonders zahlreiche Auslegungsregeln in Betracht, wie §§ 2066 ff.
3
3. Die Erbberechtigung ist durch das Gesetz von vornherein geknüpft an das Vorhandenfein bestimmter Tatsachen, nämlich entweder insbesondere Verwandtschaft und Ehe oder einer Willensäußerung, mittels welcher der Erblasser von seiner Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat (Testament, Erbvertrag). Man nennt diese Tatsachen die Gründe der Berufung zur Erbschaft und unterscheidet danach die gesetzliche und die gewillkürte Erbfolge. Entsprechend der Häufigkeit ihrer Verteilung im Alltag ist im System des BGB die gesetzliche Erbfolge als die regelmäßige und primäre der testamentarischen und vertragsmäßigen vorangestellt. Die für die gesetzliche Erbfolge geltenden Grundsätze sind, soweit möglich, auch für die gewillkürte Erbfolge in Anwendung gekommen; vgl. z.B. §§ 2066 ff., 2299. Neben der gewillkürten tritt die gesetzliche Erbfolge ein, vgl. §§ 1937, 1938, 1941, 2088, 2094. Sie tritt stets ein, soweit sie nicht durch den Willen des Erblassers ausgeschlofsen ist, vgl. §§ 2088, 2089, 2094, 2104, 2105. Andererseits ist die Verfügung über das Vermögen von Todes wegen nicht völlig freigegeben: es kann niemand seinen Nachlass durch Verfügung der freien Aneignung seitens beliebiger dritter Personen überlassen, § 2065 Abs. 2, oder die Erbfolge überhaupt verbieten. Auch zu Gunsten bestimmter Personen (der Pflichttheilsberechtigten) ist die Verfügungsfreiheit des Erblassers eingeschränkt, §§ 2303 ff.
4
4. Auf der Unterscheidung der Berufungsgrümnde und des Erwerbes der Erbschaft beruht im Wesentlichen auch das erbrechtliche System des Gesetzes, doch sind aus praktischen Gründen die zur zweiten Stoffgruppe gehörenden Vorschriften über die rechtliche Stellung des Erben hinter den ersten Abschnitt eingereiht.
5
5. Der Anwendungsbereich des deutschen Erbrechts etwa in Bezug auf im Auslande verstorbene Deutsche und im Inlande verstorbene Ausländer ergibt sich nach Art. 25 EGBGB aus einer unmittelbaren oder entsprechenden Anwendung von Art. 20-38 Verordnung (EU) Nr. 650/2012.